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  • sibyllezion

Die Freiheit, echt zu sein- von Unverbundenheit zu Begegnung.




Meine lieben Freunde, liebe Frauen Gottes,


vor kurzem hörte ich einen Podcast, indem ein Wort fiel zur deutschen Gemeindelandschaft:


Disconnected. Nicht verbunden.


Ja, das ist so, nicht nur in Gemeinden, sondern auch zwischen uns.

Der Wunsch, die christliche Rolle gut zu erfüllen, er führt nur allzu häufig dazu, dass wir nicht das sagen, was wir denken, sondern das, was wir für angebracht halten. Wir wollen ermutigen, und wir wollen Gott erheben. Doch all die Randthemen, all das Tiefe, all das unausgesprochene Kämpfen, Zweifeln, und unsere fehlenden Antworten auf Leid- die werden in diesem eifrigen Bemühen unter den Teppich gekehrt- weit, weit weg.


Eigentlich wollte ich heute über etwas ganz anderes schreiben, aber das, was mir gerade begegnet, gewinnt.


Ich sehe Schmerz, Abschied vom Leben, Schwäche. Ich höre Geschichten von Missbrauch, Ausschluss, Unsicherheit. Ich sehe Menschen, die unter dem Druck in Gemeinden zusammenbrechen. Es erinnert mich an eine Szene. Eine Szene, in der mein Herz vor Mitgefühl überfloss: Eine Leiterin, die mitten in einer Rede die Tränen zurückkämpfte, erschöpft den inneren Tumult zurückstellte, für die Rolle, die sie zu erfüllen hatte. "Nicht jetzt", "nicht jetzt, nicht hier, es ist unpassend"


Ja, unsere inneren Kämpfe sind irgendwie immer unpassend. Todkranke Gemeindemitglieder sind unpassend. Übergewichtige, die verzweifeln an ihrer Essstörung sind unpassend. Diejenigen, die über Einsamkeit klagen hinter der glattgezogenen Gemeindefassade sind unpassend. Diejenigen,deren Ehe scheiterte- sie passen nicht rein. Diejenigen, die so offensichtlich vom Pech verfolgt sind- sie sind nicht das Aushängeschild der Gemeinde.


Disconnected, nicht verbunden.


Echte Begegnung. Herzen teilen. Getragen werden. Sein dürfen, der man ist. Sein dürfen, die man ist. Nicht alle Antworten haben. Selbst mit der größten Salbung noch schwanken dürfen. Menschen enttäuschen dürfen, obwohl man in der Öffentlichkeit steht, obwohl man von Gott so gesegnet wurde, obwohl man einen Namen trägt wie Lawrence Crabb, wie Dan Allender, wie Virginia Satir. Das Recht haben, noch menschlich zu sein.


Wenn wir Jesus und unsere Identität beginnen mit dem Rollenspiel, mit der Erfüllung von an uns gestellten Erwartungen zu verwechseln, wenn wir anfangen, unser Christsein wie eine Monstranz vor uns herzutragen, dann wird es immer schwieriger, uns zu verbinden.


Hinter den Türen, da fließen die heimlichen Tränen, die keiner sehen darf.

Nicht von uns, nicht wir dürfen wanken, die wir Halt geben, die wir segnen, die wir schreiben, predigen, beten, Seelsorge geben. Wir müssen stark sein für die, die es gerade nicht sind. Wir müssen Halt sein, Schatten in der gleißenden Sonne, Wasserstrom in der Wüste. Immer. 24/7. Immer.


Und Glaube- er wird zur Last dann, wenn um uns herum die anderen gut lachen haben, wenn sie uns überschütten mit frommen Platitüden und Bibelsprüchen und mit der Geschichte jenes Christen, bei dem immer alles reibungslos durchlief. Nein,wir können sicher sein, dass es eine solche Geschichte nicht gibt, und dass wir diese Kämpfe alle in uns tragen.


Ich habe eine Freundin in den Staaten, die ich sehr liebgewonnen habe. Sie ist rebellisch und unterwirft sich nicht der Etikette. Und so erzählt sie freimütig in den gesetzlichsten Gemeinden, dass sie im Supermarkt die Leute fragt, wie ihr Tag war. An der Käsetheke. Am Brotregal: "How was your day, dear?" Es ist von solcher Schönheit, dass es mich sprachlos macht.

Die Leute reagieren überrascht, überrumpelt.


Probiere es aus, in deiner Gemeinde, in deinem Umfeld: Frage Leute einfach mal: "Wie geht es deinem Herzen?`" "Wie war dein Tag?" "Was fasziniert dich an Jesus?" "Was isst du gerne?" Zeig Interesse- anstatt mit frommen Bibelsprüchen auf oberflächliche Sachstandsmitteilungen zu reagieren. Gestehe dem Schwerkranken seine Schwäche zu. Sag dem Traurigen nicht, dass Jesus ihn schon trösten wird, sondern sei da. Sag ihm, dass Jesus in der Mitte seiner Trauer ist. Sag dem Zweifelnden nicht, dass Jesus seinen Glauben schon bewahrt, sondern sag ihm, dass er seine Zweifel zu Jesus bringen kann, und dass du ihm gerne zuhörst, auch wenn du keine Antworten hast.


Wir funktionieren alle nicht alleine. Wenn wir glauben, dass Christsein ist wie eine erfolgreiche Arbeitsrolle auszufüllen, dann werden wir unsere Unsicherheiten verstecken. Unsere Zweifel, unsere Kämpfe. Unsere alltäglichen Sorgen. Unsere Hilfsbedürftigkeit. Wir werden voreinander verhüllt sein, angespannt und angestrengt. Wir werden hoffen, dass der andere uns nicht erkennt. Wenn Christsein nichts anderes mehr ist als ein positives Personal Coach Training, dann ist wahrhaftig die Barmherzigkeit und die Güte Jesu, sein Trost und sein Halt weit entfernt. Der Mutlose wird nicht mutig, weil man ihm sagt, "Sei mutig und stark!". Der Traurige wird nicht fröhlich, weil man ihm sagt: "Freue dich, und abermals sage ich dir: Freue dich!"


Vielleicht fühlst du dich total unter Druck wegen der Erwartungen, die an dich gerichtet werden, wegen der Augen, die auf dich gerichtet Licht erwarten, Heilung erwarten, Antworten erwarten. Vielleicht hast du das Gefühl, dass du deine Rolle nicht ausfüllen kannst, dass der Anspruch und das Ideal, dass dir als Spiegel vorgehalten wird, etwas ist, dass du niemals erreichen kannst.


Aber weißt du was? Es geht jedem so.


Wir tanzen auf einem Maskenball, wir verstecken uns hinter venezianischen Masken in pompösen Kostümen. Doch die Wahrheit ist: Echte Schönheit verbirgt sich in deinen Tränen. In deinen Kämpfen. In deinem Eingeständnis, deiner Suche, deiner Sehnsucht nach Wahrheit, Schönheit und Klarheit.


Disconnected. Unverbunden.


Die Lichterkette, die Verbindung im Heiligen Geist, sie funktioniert nur dort, wo wir echt werden. Die Masken abnehmen, und die Erschöpfung darunter zeigen. Dort, wo wir sagen: Ja, es wäre gut, wenn du da wärst. Ja, es wäre gut, einfach zusammen zu schweigen. Ja, es wäre gut, dich mit all deinen Fehlern und Macken zu kennen- denn dann bist du nicht mehr so fern. Es ist gut, deine Kämpfe zu sehen- dann fühle ich mich mit meinen nicht mehr so allein. Es ist gut, zu sehen, dass du noch nicht perfekt bist- du bist so liebenswert dadurch. Und weißt du, ich vertraue darauf, dass der Heilige Geist uns zur Vollendung bringt. Lass uns Jesus suchen, gemeinsam. Und bei mir brauchst du keine Angst zu haben, dass ich dich verurteile. Komm zur Ruhe, sei du selbst- und willst du Käsekuchen?


Christsein ist keine Rolle. Du bist kein Avatar im Rollenspiel. Du musst nicht unbesiegbar sein, du musst nicht unfehlbar sein. Du musst nicht Jesus sein.

Du-musst Jesus gehören.


Mögen wir lernen, unsere Herzen zu teilen. Uns zu begegnen. Mögen wir lernen, wie heilsam es ist, die Masken fallenzulassen. Und mögen wir Sterbenden sagen dürfen:

Es ist gut. Geh nach Hause, geh zu Jesus, statt: In Jesu Namen bist du geheilt!

Denn manchmal ist das der größere Trost, die Waffen niederlegen zu dürfen.


Seid gesegnet.

Mit Güte, Liebe und Gnade. Reichen wir uns die Hände. Denn es ist so gut, wenn du da bist.



Sibylle/Zionstochter.

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