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Eser keneg'dô, der Name Chawwah und was ein Brautkorsett anrichten kann- die Stärke der Frauen.

Aktualisiert: 14. Sept. 2022




"Ihr aber, Brüder und Schwestern, seid zur Freiheit  berufen. Allein seht zu, dass ihr durch die Freiheit nicht dem Fleisch  Raum gebt, sondern durch die Liebe diene einer dem andern".(Galater 5,13)



"Und er gebe euch erleuchtete Augen des Herzens, damit  ihr erkennt, zu welcher Hoffnung ihr von ihm berufen seid, wie reich die  Herrlichkeit seines Erbes für die Heiligen ist." (Epheser 1,18)


Meine lieben Freunde,


glauben wir, dass Gottes Pläne gut sind für unser Leben? Dass er wirklich gut und Liebe ist, oder glauben wir, so ganz tief in uns, dass mit Gott gehen doch eher ein unerträgliches Opfer ist? Glauben wir, dass er in Freiheit führt- in innere Freiheit, in Freude, in Frieden- oder glauben wir in Wahrheit, dass er uns in eine Burg sperrt, die wir nicht verlassen dürfen, während direkt auf dem Dorfplatz das pralle Leben eines fröhlichen, ausgelassenen Jahrmarktes tobt, dessen Lachen zu uns herüberschallt? Denken wir, dass die Ausgelassenheit am nächtlichen Maifeuer uns doch viel mehr entsprechen würde als das ewige Frömmeln, beten und die Ansprüche des Glaubens zu erfüllen?


Es ist eine ketzerische, eine gemeine Frage, die ich hier zu Beginn dieses Artikels stelle.


Aber es ist eine wichtige Frage. Wenn wir ständig sehnsüchtig über die Burgmauer schielen, weil wir halt denken, dass da draußen die tausend Vergnügungen warten, die uns als Christen "verboten" sind, aber die doch einfach mal so gut tun würden, werden wir uns schwer tun mit der Liebe Gottes. Wenn wir uns eigentlich so fühlen, als müssten wir permanent gegen uns selbst angehen, um vor Gott irgendwie zu genügen, werden wir eine Sache vor allen anderen unterdrücken- nämlich unsre Kraft, unsre Lebensfreude, unsren Selbstausdruck - unsre Freude - und unser Herz. Wir werden bitter. Wir werden biestig, wir werden subtil aggressiv. Und weil wir denken, wir sollten gefälligst dankbarer sein Gott gegenüber (es aber nicht sind), schämen wir uns innerlich für den Wunsch, mal in wirklicher Kraft und Fülle zu leben, in Grund und Boden.


Glauben wir Gott oder der Schlange?


Das ist eine gute Frage, nicht? Sehen wir, was Gott uns alles gibt, unter der Maßgabe eines Baumes, von dem wir nicht essen sollen, weil er uns schadet- oder glauben wir der Schlange, die uns mit gespielter Bestürzung fragt, ob es wahr ist, dass dieser grausame Gott uns verboten hat, irgendetwas von der Fülle zu nehmen, die er schenkt? Dass er uns alles verbietet, was irgendwie mit Spaß und einfach mal locker sein zu tun hat? Es ist eine Frage der Perspektive, der Blickrichtung.


Wenn ich meinen Sohn vor Vogelbeeren warne, weil sie giftig sind- dann verbiete ich ihm nicht zeitgleich, die Johannisbeerbüsche zu plündern, soviel er will. Er mag das tun, und selbst wenn von den Himbeeren daneben nichts für mich übrig bleibt, werde ich ihm gerne, gerne die Freude gönnen, diese leckeren kleinen Früchte in sich hineinzustopfen. Dafür sind sie gepflanzt worden- möge er sie genießen. Das Verbot der rohen Holunderbeeren oder der Vogelbeeren machen mich dann bestimmt nicht zu einer Despotin, sondern...zu einer Bewahrerin seines Lebens.


Tatsächlich blicke ich vornehmlich nicht in strahlende Gesichter, wenn ich meinen Geschwistern im Glauben gegenüberstehe, egal, ob Männer oder Frauen. Nein, im Gegenteil. Verbissenheit. Gewollter Sanftmut, unter dem es brodelt. Männer, die entweder irgendwie schlaff und gelangweilt wirken- oder die ausbrechen und mit Pauken und Trompeten und unerbittlichem Insistieren die "Autorität beanspruchen", die Gott ihnen gegeben hat- nicht selten auf Kosten der Frauen.


Ja,und wir, wir Evastöchter?


Die meisten Frauenevents bestehen aus der immer wiederkehrenden Leier (und seien wir doch mal ehrlich: Nach ein paar Jahren hat man's dann ja kapiert, es wird wirklich langweilig): "Du bist schön. Du bist geliebt. Du bist eine Königstochter, und hier ist das Krönchen."

Kinderkarneval für fromme Frauen.

Und schwupps- die Themen drehen sich dann doch wieder um Gewicht, um Kinder, um die Männer, um Fürbitte und den leidigen Selbstwert. Und natürlich darum, dass wir irgendwie...absolut nicht glücklich sind in diesem engen Brautkorsett. Frauenlobpreis- also Lobpreis von Frauen, macht mich auf Zeit häufig nahezu depressiv: "Du aber, Jesus, du siehst meinen Wert, du sagst, ich bin schön, ich bin wertvoll."


Die Wunde, liebe Frauen, sie sitzt tiefer als wir eingestehen wollen.


Enges Brautkorsett.

Als ich heiratete, sah ich umwerfend aus. Tatsächlich habe ich mich nie schöner gefühlt als an diesem Tag. Aber ich konnte auch nie wieder nur so wenig essen. Es ging einfach nicht- mein Magen war abgeschnürt.

Unter meinem Südstaaten- Brautkleid, wahrlich ein Traum wie aus "Vom Winde verweht"- trug ich ein Lingerie-Korsett mit Fischgräten, eng geschnürt. Am nächsten Tag entdeckte ich entsetzt die blauen Striemen an den Rippen. Noch drei Tage später schmerzten die Seiten. Während ich es trug, hatte ich den Schaden, den es brachte, gar nicht bemerkt. Wie wenig Luft ich bekam in dem Kleid, merkte ich erst, als ich am nächsten Tag wieder frei atmen konnte. Nicht mehr so umwerfend schön- aber zumindest in der Lage, mit Freude das Tiramisu aus der Schüssel zu löffeln. Ein Jahr konsequente Diät, Solarium, Nagelpflege, aufrechtes Gehen, Training in Anmut lagen hinter mir. Ich wollte den perfekten Auftritt- und war bereit, sehr viel zu investieren.


Das Frauenbild der christlichen Kirche ist ein solches religiöses Korsett. Um es zu erfüllen, darf man nur wenig essen, muss aufrecht gehen und man muss den Schmerz ignorieren, den es hinterlässt. Aber dann...wird man als schön angesehen. Durchhalten- kann es aber keine von uns.


Ist es das, was Gott Eva auferlegt hat? Was ist das für ein unbändiger Durst nach Leben, nach Bedeutung, der sich einfach nicht stillen lässt in uns? Ist es der Verführer, der Vater der Lüge, der uns "vom rechten Weg abbringen will?"


Nein, ihr Lieben. Es ist die Lebenskraft, aus der heraus und zu der wir hin erschaffen wurden- denn Satan hat gelogen, als er subtil vermittelte, dass wir von den Bäumen in Eden nicht essen dürften. Irgendwie...glauben wir ihm aber immer noch.


Chawwah.

Ich liebe diesen Namen. Es ist der hebräische Name von Eva, der ersten Frau. Eva- "die Leben schenkende". Schon dieser Name hat eine ganz andere Dynamik als das Bild der jungen, anmutigen, ins Korsett geschnürten adligen Frau mit Stickarbeit, Taschentuch und kleinen Trippelschritten, das die Brautbewegung der christlichen Szene beherrscht.


Leben schenkend. Tosende Wasserfälle, aufblühende Gärten, unter der Last von Früchten ächzende Äste von Bäumen, Lebensfreude, Kraft und eine urtümliche, wilde Schönheit und Üppigkeit entfaltet sich vor meinen Augen. Eine Schöpfung, die Fülle hervorbringt, die nährt, die trägt und die Augen sättigt. Weite, Vielfalt- und Freiheit.


Doch Chawwah beinhaltet weitere Bedeutungen: "Die Sprecherin."

Ja, damit können wir uns alle identifizieren, oder? Und das erste Bild, das auftaucht, bringt mich zum Schmunzeln: "Schatz, wir müssen reden"- und der angsterfüllte Blick des angesprochenen Mannes, dem nichts gutes schwant. Warum ist das so? Nun, Chawwah beinhaltet noch eine dritte Bedeutung:


"Die Sinnstifterin, die Bedeutung stiftende."


"Du sagst das so bedeutungsschwanger". Kennt Ihr den Satz? Wenn Frauen "reden wollen"- dann liegt etwas im Argen, was auf den Tisch muss. Wenn Frauen zur Sprecherinnen werden, dann zeigen sie häufig Missstände auf, Ungleichgewichte. Frauen sind tief, sie haben das Bedürfnis, zur Wahrheit durchzudringen und Dinge zurechtzurücken, die aus dem Gleichgewicht gerieten. Sie haben einen sechsten Sinn für diese Schieflagen und wittern die Gefahr, bevor sie bemerkt wird.


Und dann- greifen sie ein.

Eser keneg'dô.

Das, was klingt wie ein Zauberspruch aus Harry Potter, (eeeser kene' gdo) ist in Wirklichkeit der hebräische Begriff für das, was Luther als "ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht." (1.Mose 2,18) übersetzt.


Im Zuge der Jahrhunderte wurde aus dieser Hilfe bestenfalls eine treusorgende Ehefrau, die man für ihre Erziehungsleistung irgendwie honoriert. Das, was wir heute als Gleichberechtigung kennen, ist auch eher eine Gleich-stellung, ein nicht-mehr Versagen von gleichen Arbeitsbereichen, gleicher Bezahlung und Position. Gleichwertigkeit aber...ist es nicht wirklich.


Eser jedoch bedeutet: "Göttliches Eingreifen in Notsituationen"

Im Alten Testament taucht der Begriff, je nach Zählweise 22 oder 23x auf. Zweimal wird der Begriff für die Frau verwandt, 18x für Gott selbst. In Psalm 121 heißt es:


"Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe? 2 Meine Hilfe kommt vom HERRN, der Himmel und Erde gemacht hat." 

Das Wort, das hier für Hilfe verwendet wird, ist eser.


Eser wird in zwei weiteren Zusammenhängen verwendet: Als Lebensretter anderer, und als jemand, der in die Bresche springt, der eingreift, um aus Lebensgefahr zu retten.


Frauen- sie sind Eser.

Mit ihrer Sehnsucht nach wahrer Bedeutung, nach Leben und Beziehung, danach, Dinge ins Gleichgewicht zu bringen und ihrer kommunikativen Fähigkeit, Dinge an- und Wahrheit auszusprechen werden sie zu Lebensrettern.

Was Frauen in sich tragen, ist eine Stärke von unfassbarer Schönheit- lebensspendende, beziehungsstiftende, klärende Hilfe. Frauen hinterfragen Oberflächlichkeit und wahre Herzenshaltung, Frauen geben sich nicht zufrieden mit dem Rahmen, sie wollen ergründen, begründen, Leben stiften. Frauen wollen Skizzen ausmalen, Räume mit Freude und Schönheit füllen, mit Tiefe und Begegnung.


Und: Sie warnen, wo dies verloren geht.


keneg'dô: "die dem Manne ergänzend gegenübersteht."


Frauen sind anders als Männer, sie haben andere Schwerpunkte, die dem Vorwärtsstreben und Pragmatismus von Männern häufig entgegenzustehen scheinen. Nun, das tun sie tatsächlich! "Hier fehlt die Hand einer Frau"..

kaum eine Frau, die ich kenne, hat diesen Satz nicht gedacht, als sie das erste Mal in der Junggesellenbude ihres Freundes stand. Ein leises Stirnrunzeln ob der Nüchternheit in den Räumen. Des Pragmatismus, der sich breit macht. Und es ist die Wärme, die Freude am Werben und diese unfassbar weibliche Aura, die einen Mann am Anfang einer Romanze völlig einspinnt und dazu bringt, tatsächlich Rosenläden leerzukaufen oder, je nach Frauentyp, eine Schleife um die Borussia Dortmund Karten zu binden, die so teuer waren, aber zeigen sollen: Du bist wertvoll.


Eser- sie geben Leben, Sinn und Beziehung, sie retten aus dem verlorenem Blick fürs Leben, für Schönheit und "das, was im Leben sonst noch zählt".

Sie sind umwerfend, stark und strahlend, leidensfähig und belastbar, sie überblicken Situationen und sprechen Konflikte an, die Männer gerne unter den Teppich kehren.

Sie reden, schaffen soziale Gemeinschaft, sie sind einladend und willkommen heißend. Eine Frau in ihrer Kraft, in ihrer Bestimmung ist atemberaubend- egal, ob sie Architektin, Sozialarbeiterin oder Lehrerin ist. Egal, ob im Blaumann oder als Proffessorin. Egal, ob dick oder dünn, ob klein oder groß, ob voller jugendlicher Frische und Schönheit, oder mit der Weisheit und Sanftheit in den Augen, die ältere Frauen zu so guten Ratgeberinnen machen.


keneg'dô: Ein passenden Gegenüber, ein ergänzendes Gegenüber, die passende "Hilfe"- Frauen werden es nur, wenn sie sich aus dem Korsett befreien, das viel zu eng ist. Wenn sie die Hilfskraftrolle verlassen und sich ihrer Stärke bewusst werden. Und wenn sie den Raum und die Anerkenntnis bekommen, den ihre Fähigkeiten brauchen.


Was ist die Bedingung?

Sieht die Realität nicht anders aus? Oberflächlichkeit, Wettbewerb, gegenseitiges Abwerten, Zickenkrieg? Kälte, Sticheln, zänkisch sein? Oberflächliches Geplapper und ständiges Vergleichen? Unsicherheit, Eßstörung und Depression? Angststörung und Ablehnen von Frausein? Kampf gegen Enge, Stereotypen und Korsette?


Nun, ihr Lieben:

Es ist nur dann möglich, wenn wir begreifen, zu welcher Herrlichkeit wir geschaffen wurden. Und wenn wir begreifen, dass Gott uns nicht verbot, von all den Früchten zu essen, die im Garten wachsen- sondern nur davor warnte, uns zu vergiften.


In den nächsten Beiträgen geht es um die tiefere Identität, die wir in Gott haben-welche Kraft und Fülle uns wirklich zur Verfügung steht, wenn wir begreifen, wer wir in Jesus sind- und was wir im Gegensatz dazu über Jahrhunderte hörten und gelehrt bekamen. Ich hoffe, es wird augenöffnend, nicht nur für die Frauen.


Die wöchentlichen Impulse und weitere Vertiefung des Wochenartikels findet ihr -wie immer -auf meiner

social Media Präsenz https://www.facebook.com/Sibyllezion/ und in den dazugehörigen Community-Gruppen.


Seid gesegnet!

Sibylle/ Zionstochter.


Quellen:

Bibel: Hier: Luther 2017, rev. Elberfelder Übersetzung 2016. www.bibleserver.com

Kenneth E. Bailey: "Women in churches"

Susanne Barth: Jungfrauenzucht. Literaturwissenschaftliche und pädagogische Studien zur Mädchenerziehungsliteratur zwischen 1200 und 1600.

Foto: Pixabay

Worship: Amy Grant & Ellie Holcomb: A woman. From: Faithful.

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