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Im Schatten des Kreuzes- die Erkenntnis des persönlichen Scheiterns

"Die Ungnade des Königs ist wie das Brüllen eines Löwen; aber seine Gnade ist wie Tau auf dem Grase." ( Sprüche 19,12)
Meine lieben Freunde, liebe Frauen Gottes,
"jaja, aber weißt du, das ist soundso"
"Ja, das mag ja sein, aber ...."
"Wenn das so einfach wäre, aber...."
"Heute nochmal, aber dann..."
"Das kann ja deine Meinung sein, aber ..."
Kennt ihr das? Es ist zum Haareraufen.
Ich kenne das gut, von mir selbst und von anderen ebenso.
Ja, aber.
Ja, aber, sagte mal ein guter Freund zu mir, heißt nichts anderes als nein.
"Ich kann nicht" heißt nichts anderes als "ich will nicht".
Ein anderer Freund von mir, dem ich lange Zeit sehr tief verbunden war, sagte grundsätzlich, wenn ich ihn anrief mit einer Menge Konfusion in meinem Kopf, mich beschwerend, jammernd: "Was ist jetzt wirklich los? Wenn du mir nicht sagen willst, was wirklich grade los ist mit dir, dann leg ich auf"
Das klingt unglaublich grob, oder?
Aber es war die Aussage, die Wahrheit hören zu wollen, wie auch immer sie aussah.
Wir beschweren uns darüber, dass unser Ehemann ständig die Haare im Waschbecken kleben lässt und schon wieder den Müll hat einfach stehen lassen. Dahinter: Ärger, das Gefühl, nicht gesehen, nicht unterstützt zu werden. Alleine gelassen zu werden.
Wir beschweren uns über die Selbstgerechtigkeit, mit der wir verurteilt werden, und dahinter steht: Verunsicherung, fehlende Erkenntnis dessen, was wir selbst für einen Standpunkt haben- sonst wäre es uns ja egal.
Aber das mit der Ehrlichkeit- das ist garnicht so einfach.
Ehrlichkeit bedeutet hinsehen, Akzeptanz und nicht länger ausweichen. Ehrlichkeit bedeutet Annehmen von allen Facetten, von dem, was die Psychologie "blind spots" nennt.
Man sagt, dass ein Alkoholiker erst dann erfolgreich einen Entzug machen kann, wenn er selbst erkennt, dass er am Ende ist.
Man sagt, dass Frauen zerstörerische Beziehungen erst dann verlassen, wenn sie so tief gedemütigt sind, dass der Überlebenswille stärker wird als die Angst vor dem, was danach kommt.
Umkehr.
Die wahre Bedeutung dieses Wortes ist nicht nur ein vorgegebener Sinneswandel, sondern eine Kraft, die uns antreibt, die Situation zu verlassen, das Verhalten aufzugeben, Hilfe in Anspruch zu nehmen, weil wir den falschen Weg nicht mehr ertragen.
Er schmerzt, er zerstört, und reuevoll schauen wir auf diejenigen, die nicht unsere wunden Punkte aufgedeckt und uns um die Ohren geworfen haben, sondern deren Sorge um uns so tief in ihre Gesichter eingegraben war, dass wir nicht wegschauen konnten.
Überlebensmuster sind Muster, in denen wir uns einrichten, so falsch sie auch sein mögen.
Der Krug geht sprichwörtlich so lange zum Brunnen, bis er bricht. Wir stemmen uns gegen den Gegenwind, und kämpfen, und kämpfen- bis wir umgeweht werden. Oft, wenn wir schließlich aufgeben, weht uns der Wind in den Rücken und wir fragen uns, warum wir uns so lange dagegenstemmten.
Wie konnte ich so doof sein?
Wie konnte ich so blind sein?
Wie konnte ich das nicht sehen, hören wollen?
Wir rennen so lange gegen Türen, bis unsere Köpfe bluten, versuchen sie aufzubrechen, versuchen sie wegzubeten, versuchen ..aber Stahltüren mit Sicherheitsschlössern geben nicht nach. Gottes Türen, die er zuhält, sind solche Stahltüren. Vielleicht schließt er sie auf, irgendwann. Vielleicht haben sie eine Zeitschaltuhr, die wir nicht sehen. Aber aus eigener Kraft, aus eigenem Willen öffnen sie sich nicht,und wir müssen umkehren.
Umkehr.
Das Kreuz Jesu ist der Ort, wo all der Schmerz, all die Enttäuschung über uns selbst und die Wege, die wir gingen, von uns genommen wird. Es ist ein Ort der Selbsterkenntnis und der Reue.
Des Eingestehens: Ich habe mich verrannt. Ich habe Zeichen gesehen, die warnten. Ich habe gefühlt, dass der Wind sich dreht, dass er gegen mich weht. Ich habe Schrammen ignoriert, und ich habe lieber nicht genau hingeschaut. Eigentlich...wusste ich es ja. Aber ich wollte es nicht wissen, ich habe den Traum, die Hoffnung darin gesucht. Wenn es wegfällt, was bleibt mir noch?
Das Kreuz ist ein einsamer Ort.
Ein Ort des Todes, des inneren Todes, des Abschieds, des Schweigens, an dem die Hoffnung gekreuzigt wird, die wir hatten. Gekreuzigt mit Gewalt, mit Hohn, mit Verachtung. Kein Weg zurück. Und hilflos schauen wir zu, mit Tränen in den Augen. Warum? schreit es in uns. Warum, verflixt nochmal, siegt hier Satan? Hab ich nicht alles getan? Hab ich nicht alles gegeben? Und wir schauen auf zu dem, der da am Kreuz stirbt, und flehen, dass er uns mitnehmen möge, in sein Reich der Hoffnung auf neues, auf ewiges, auf versöhntes Leben.
Wir können Reue nicht verlangen. Wir können niemanden zwingen, zum Kreuz zu gehen. Wir können Erkenntnis nicht verlangen, und wir können sie nicht provozieren.
Wir kennen auch das alle:
Wir sehen Freunde mit Glorie in ihren Untergang reiten- der falsche Partner, die Sucht, der ungelöste innere Konflikt, das falsche Menschen- oder Gottesbild, aber mit begeisterten Augen sind sie nicht erreichbar. Blind, vernagelt in Herz und Verstand, festhaltend und schwörend, dass diese Quelle, aus der sie trinken, die richtige ist. Absolut überzeugt. Wir sehen das blaue Auge, wir riechen die Alkoholfahne, wir sehen die Erschöpfung, wir sehen das leidende Kind, das beim Partner zurückgeblieben ist, als die Romanze ihren Tribut forderte. Wir sehen die Auswirkung der Sünde, aber wir können sie nicht wegwischen, nicht ändern.
Umkehr.
Manche Christen glauben, dass wir ohne sie auskommen können, jetzt, wo wir erlöste Kinder Gottes sind.
Aber die Wahrheit ist: Wir sind immer noch dumm blökende Schafe, die sich mehr auf ihre eigene Weisheit als auf die Gottes verlassen. Wir machen ihm immer noch Mühe, ihm, dem perfekten Vater. Wir kommen immer noch zu solchen Dead Ends, wir erkennen immer noch unsere Gefallenheit.
Wenn wir von etwas überzeugt sind, dann passiert etwas in uns:
Wir blenden alles andere aus. Wir blenden aus, was unser Verhalten für andere bedeuten könnte. Wir blenden aus, dass wir Mauern herunterreißen, entblößen, dass wir andere triggern könnten. Wir blenden aus, dass das, was wir vom anderen sehen, vielleicht nur ein Bruchteil dessen ist, was ihn oder sie ausmacht. Wir sehen vielleicht den Gipfel des Eisberges, aber nicht den Eisberg einer Situation,und sind übereifrig mit unseren Ratschlägen, wie der Eisberg umschifft werden könnte- ohne zu sehen, dass das Boot sinken wird, wenn der andere dem Ratschlag folgt. Wir empören uns über Einstellungen, aber wir erkennen nicht das Recht unseres Gegenübers an, genauso fehlbar zu sein wie wir.
Was, wenn der, den du verurteilst, weil er Frauen so abwertet, niemals eine Mutter hatte, es nicht kennt, geliebt und genährt zu werden und es deswegen für unwichtig hält? Was,wenn die, die sich verbirgt, heimlich leidet unter Abwertung, und versucht, es nicht zu sehen?
Leid muss so offensichtlich werden, Scheitern so offenkundig, dass wir nach Leben brüllen, nach Freiheit, nach Rettung wie Bettler: "Herr, erbarme dich meiner!"
Immer wieder bringt uns der Heilige Geist an diesen Ort, und wenn wir die Gnade des auferstandenen Königs annehmen, sehen wir, dass wir in Asche sitzen. Aber etwas neues kommt- Hoffnung. Nein, so will ich nicht weitermachen, hilf mir! Nein, so will ich nicht mehr sein, verändere mich! Nein, hier kann ich nicht mehr bleiben, mach einen Weg, Herr! Bring mich raus aus dem brennenden Sodom, um lass erst zu, dass ich mich umdrehe, wenn ich in Sicherheit bin. Und dann sag mir, wohin wir gehen- wenn ich geheilt bin.
Sündenerkenntnis ist immer begleitet von drei Dingen:
Erkenntnis, dass es so nicht weitergehen kann, dass der Weg falsch war.
Flehen um Hilfe und Gnade, weil die Situation so ausweglos erscheint.
Und Gottes Eingreifen, der Impuls, die Verantwortung wieder zu übernehmen und mit dem umzugehen, was da ist- und es in Zukunft anders zu machen, und es auch zu tun.
Wer wirklich umkehrt, erlebt dabei erstaunliches: Liebevolle Hilfe- von Gott - und plötzlich real und praktisch auftauchend. Wege, die klar funkeln, neue Perspektiven und Auswege aus dem Sumpf. Heilung und Befreiung.
Gott ist ein Gott der Lebenden.
Er ist kein abstraktes Konstrukt, keine Philosophie. Er interveniert direkt in unsrem Leben, in unserem Alltag, in unseren Beziehungen, Ansichten und Verhaltensweisen. Wie wahr das ist, was er sagt, sehen wir erst, wenn wir begreifen: Er hat die Angst ans Kreuz geschlagen. Wir dürfen leben mit ihm. Es gibt kein Ende mehr für uns- es gibt nur noch Dunkelheit, die weichen muss, wenn wir ihn wieder sehen und seine Wahrheit zu unserer machen. Er nimmt nichts weg, ohne neue Pläne, neue Wege zu zeigen. Und: Er nimmt uns nichts, was wirklich zu uns gehört. Er wird alles liefern, was wir brauchen. Verfeinert und wunderbar.
Sein Ja zu uns steht.
Und unsres zum ihm?
Das Kreuz- es wird gemieden von allen, die sich nicht zur Rechenschaft ziehen lassen.
Das Kreuz-es wird gemieden und verhöhnt von allen, die glauben, unfehlbar zu sein.
Das Kreuz- es wird gemieden von allen, die Illusion der Wahrheit vorziehen.
Das Kreuz- es wird so lange ignoriert, bis die Last auf den Schultern zu schwer wird und die Scham und Traurigkeit zu einnehmend, um so noch weiterleben zu können.
aber:
Das Kreuz- es wird geliebt von jenen, die wachsen wollen.
Das Kreuz- es wird gesucht von jenen, die reinen Gewissens sein wollen.
Das Kreuz- es wird gesucht von allen, die wissen, dass wahre Liebe gütig ist, praktisch und unterstützend.
Das Kreuz wird gesucht von allen, die glauben, dass der Schrei nach Rettung nicht ungehört verhallen wird- und die sich nach frischem Wasser sehnen. Nach innerer Dusche und Freisetzung. Nach weißen Gewändern ohne Flecken, und nach guten, graden Wegen in ihrem Leben.
Geh zu ihm, wenn dus vermasselt hast. Wenn Bedauern dich einfängt. Wenn du erkennst, dass das, was du dachtest, es sei richtig gewesen, voll daneben war. Wenn du verletzt hast. Wenn du demaskiert hast. Wenn du Leid siehst, wo du eben noch Sünde sahst. Er vergibt dir. Und dann...kommt Heilung.
Seid gesegnet.
Sibylle/Zionstochter.