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Männer und Frauen im Kampf. Über starke Frauen und noch stärkere Männer. Und warum wir mit Konfrontationsvermeidung nicht weiterkommen.






Meine lieben Freunde, liebe Follower,


ich lebte als Single eine Zeitlang in einem kleinen Apartment, dessen Wände dünn waren. Nebenan, nur getrennt durch recht hellhörige Bauweise, wohnte ein Paar.

Ich habe selten erlebt, dass Paare intensiver stritten als diese beiden: In regelmässigen Abständen hörte ich erst Teller durch die Wohnung fliegen,dann lautes Anschreien, toben- und dann wurde ich- unvermeidlich- ungewollte Zeugin leidenschaftlichen Versöhnungssexes. Regelmässig, immer wieder das gleiche Muster:


Konflikt- Streit- Sex.


Nun, ich bin eine recht unverklemmte, humorvolle Persönlichkeit, sodass ich nicht zum Telefonhörer griff, um dieses Paar ein ums andere Mal von der Polizei wegen Ruhestörung beschämen zu lassen. Ich reagierte eher mit breitem Schmunzeln, manchmal ein wenig genervt, und dachte: "Aha, jetzt gehts wieder los. Na, dann tragt das mal aus miteinander, ihr zwei."


Versöhnungssex. Was für ein Phänomen! Und woher kommt es, dass gerade Ehepaare (zumindest gehe ich von letzterem in christlichen Kreisen gerne und vorzugsweise aus) ihre Konflikte im Bett austragen?

Ich finde das faszinierend, und ich glaube, dass es hier um sehr viel mehr geht als um körperlichen Abbau von Spannung und Konflikt.


Wenn wir ehrlich sind, dann ist es ausgesprochen häufig so, dass Konflikte zwischen Männern und Frauen eine sexuelle Komponente annehmen. Ich glaube einfach, dass das, was uns anzieht, das, was zu Verwicklungen zwischen uns führt, irgendwann so intensiv werden kann, dass es eine natürliche Spannung erzeugt, die sich körperlich äußert. Wir als Christen neigen daher dazu, Verwicklungen mit Personen des anderen Geschlechts eher zu vermeiden- denn wir wollen "uns ja nicht verlieben", wir wollen unseren Ehepartnern treu sein, wir wollen so viel, dass wir es lieber vermeiden, in gefährliche Fahrwasser zu geraten.


Das Problem dabei ist:


Indem wir das tun, vermeiden wir auch, dass beide Aufträge, Sichtweisen, Perspektiven sich auf geistlicher Ebene vereinen. Wenn wir tiefe Kommunikation und die Berührung der Herzen vermeiden, dann lernen wir nicht, was die eine Seite zu bieten hat, was der anderen dient. Und wir vermeiden jede Form der echten Auseinandersetzung mit dem, was daraus entstehen kann.


Gottes Prinzipien durchdringen alle Ebenen unseres Seins. Die Bibel spricht von Geburtswehen, Gott gebiert Leben und zeugt es- und wir sagen, wenn wir ein neues Projekt abgeschlossen haben, dass es "geboren" wurde. Unser geistliches Leben ist durchdrungen von Bildern wie zeugen, gebären, wachsen lassen, nähren, genährt werden, und wie wir verschämt die Musik lauter drehen, wenn die Nachbarn ungezügelten Sex haben, so vermeiden wir es auch, diesen in unseren Augen oft verdammenswerten

"animalischen und fleischlichen und unsauberen und unheiligen und dreckigen, schambesetzen" Tanz der Geschlechter zu benennen und zu akzeptieren.


Ich habe keine Ahnung, was sich Gott dabei gedacht hat, das Entstehen neuen Lebens mit Sex zu verbinden. Wirklich nicht!

Und ja, so wie Geburten nicht der Pampers Werbung mit der strahlenden, perfekt geschminkten ( und topfit wieder schlanken!) Mutter entsprechen, sondern durchdrungen sind von Schweiß, Körpersäften, Blut, Kontrollverlust, Schmerz und einer schier überwältigenden Kraft der Gebärenden, die den Kampf mit dem neuen Leben austrägt, so hat er auch den Sex zwischen Männern und Frauen hin zu einer Mischung all dessen erschaffen, was wir tunlichst versuchen, hinter gut geschminkten Fassaden zu verstecken: Nacktheit, Wildheit, Kontrollverlust, Sinnlichkeit und Ekstase, Kampf, Hingabe und Unterwerfung, die wir nicht mehr kontrolliert bekommen. Der Kampf der Geschlechter indes endet immer mit denselben Prinzipien- Hingabe und Führung. Der Bereitschaft zu empfangen- und der Bereitschaft zu zeugen.


Warum mache ich dieses Thema auf? Es ist eine mutige Aktion dies in der Prüderie der christlichen Szene zu tun! Es ist ein skandalöser Tabubruch!

Weil es uns alle verbindet, ob wir es wollen- oder nicht.

Und weil ich in der Angst vor Konfrontation mit diesem Thema zweierlei sehe: Feige Vermeidung und eine Wand aus Schein-Heiligkeit. Es trennt unser geistliches Leben von dem weltlichen ab- und zwar auf allen Ebenen. Dadurch aber- wird es im wahrsten Sinne des Wortes unfruchtbar.

Nichts ist attraktiver als eine Frau, die für Jesus brennt. Nichts ist attraktiver als eine Frau, die sich ihrer eigenen Stärke in ihm bewusst ist, sie in seinen Dienst stellt. Frauen, die sich nicht den Mund verbieten lassen, aus ihrem Schattendasein als Mauerblümchen heraustreten, sind strahlend, lebhaft, kraftvoll und lebensspendend.


Frauen, die ihre Kraft mit der der Männer konfrontieren, können diese in ihrem Wachstum bestärken.

Oftmals wird gesagt-und in der Tat ist es so- dass Männer "Angst haben vor starken Frauen, die ihnen die Stirn bieten". Die Reaktionen darauf sind katastrophal: Frauen werden geschlagen, gedemütigt, ausgegrenzt, ignoriert, vergewaltigt, kleingehalten. Es sind Angstreaktionen, die Angst, in der eigenen Position angegriffen zu werden. In Gemeinden ist die Reaktion häufig das Kaltstellen in unwichtigen Positionen, das Aussortieren und Bestimmen, dass der Büchertisch und das Kaffee-Kochen die einzigen angemessen Positionen für aufsässige Weiber sind- eine Spirale der Gewalt, die sich hier entfesselt.

Männer, die Angst haben, sich mit der Stärke, dem Wissen und der tiefen emotionalen Intelligenz von Frauen auseinander zu setzen, sind in sich selbst unsicher. Wer sich in seiner eigenen Autorität bedroht fühlt, dem Wachstum verweigert, schaut in den Spiegel seiner eigenen Unzulänglichkeit und beharrt auf sein gottgegebenes Recht, zu bestimmen durch Unterdrückung und Ausspielen von Macht. Aber Bestimmen und Unterdrückung sind keine Gaben der Leitung.


Konfrontation. Wir mögen sie nicht. Wir vermeiden sie lieber.


Dort, wo wir Potential für Streitigkeiten sehen, ist es unser natürlicher Instinkt, zurück zu weichen. Gerade jetzt, wo ich diesen Artikel schreibe, habe ich das Bedürfnis,zurück in die Deckung zu gehen.

Oftmals wird Konfliktaustragung mit Streitsucht gleichgesetzt und gemahnt, dass wir als Christen schließlich Friedensstifter sein sollen. Ja, das stimmt: Aber Konfrontationsvermeidung ist nicht Frieden stiften, sondern den Scheinfrieden bewahren. Das gilt in unserer Beziehung zu Gott genauso wie miteinander. Ein Friedensstifter ist jemand, der Sachen auf den Tisch bringt, nicht jemand, der sie unter den Teppich kehrt, in der Hoffnung, dass sie niemals auffallen. Ein Friedensstifter ist jemand, der sich gegenüberstehende, unterschiedliche Positionen in einen Konsens bringt. Ein Friedensstifter nimmt die Prozesse des Streits auf sich, um in der Quintessenz schließlich für den Augenblick das neue Wachstum zu sehen. Alles andere bedeutet Stillstand, Entfremdung und das Gefühl, nicht gesehen zu sein.


Männer und Frauen. Gerade in der christlichen Szene sind wir wie Feuer und Wasser.

Mehr und mehr Frauen erheben ihre Stimmen, sagen, dass es so nicht weitergehen kann. Sie treffen auf rigide Leiter, die nicht bereit sind, ihr eigenes Wachstum voranzutreiben.

Wie aber kann die Konfrontation fruchtbar werden?


Ich habe eine Weile lang Puppentheater gespielt. Wir hatten häufig ein Publikum, das ständig unsere Aufführung störte. Fünfjährige, die mitten im Stück der Hauptfigur "Quelli, der Feuersalamander" mit "Quelli, weißt du was? ich war gestern schwimmen!" unterbrachen.

Die Antwort, wie damit umzugehen sei, kam von meinem Theaterkollegen:

Du nimmst die Energie, die sie dir entgegenwerfen, und wirfst sie ihnen zurück.

Du nimmst quasi das Argument, das dir entgegengeschleudert wird, das Bedürfnis, und integrierst es in deine eigene Stärke und spiegelst es zurück- mit deiner eigenen Kraft und Rolle. Dazu musst du über dich hinauswachsen. Auf die alte Weise kannst du das Stück nicht weiterspielen."

In Konfrontation bedeutet das: Du lässt dich darauf ein, dass hier ein Konflikt besteht.

Und du suchst Einheit. Du diskutierst aus. Du weichst nicht zurück.

Du schlägst es nicht aus, sondern du vertrittst deine Position unter Einbeziehung der Position des anderen. Dadurch verändert sich deine Sichtweise wie die deines Gegenübers-ihr wachst zusammen, statt durch Kontrolle übernommen zu werden oder durch Nachgeben die eigene Wahrheit zu verwerfen.

Und genau das ist es, was Männer und Frauen auch bei Versöhnungssex tun, und warum er so lebendig, so gut, so aufgeheizt ist: Es ist Kampf, und es ist Tanz. Es ist begreifen wollen, und es ist Widerstand. Und bestenfalls endet es in einer versöhnlichen, kraftvollen Rundschluss, der für beide Seiten fruchtbar und befriedigend ist.


Streit und Konflikt können dann inspirierend, fesselnd und hochgradig attraktiv werden,

wenn sich beide Seiten- Männer und Frauen- ihre eigenen Kraft und Wahrheit in Jesus bewusst sind, und sie um Einheit kämpfen in den unterschiedlichen Wahrnehmungen und Herzen, die uns gegeben sind.


Die Voraussetzung jedoch ist, dass Männer sich durch Frauen nicht bedroht fühlen, sondern ihre Weisheit, Kraft und ihr Leben annehmen, um in ihren eigenen Stärken noch stärker zu werden. Eine Masse devoter, undefinierter, toter Herzen mit Selbstwertzweifeln zu führen ist keine Kunst.

Die Kunst ist es, zu erreichen, eine Frau mit starken Argumenten ernst zu nehmen, sich von ihr berühren zu lassen, an ihr zu wachsen- und die daraus gewonne Stärke neu zurückzuspiegeln, ohne die eigene Kraft in Gefahr zu sehen. Darin zeigt sich wahre männliche Stärke, die verlässlich ist. Das ist die wahre Kunst der Leiterschaft, der sich Frauen anvertrauen.


Wir als Christen sollten niemals die grundlegenden Prinzipien unterschätzen, die Gott uns gegeben hat. Das Erleben, das Umsetzen und die tiefe Wahrheit, die alle Bereiche unseres Lebens durchdringen.


Empfehle ich also jetzt Versöhnungssex als der Weisheit letzter Schluss?

Wenns euch weiterhilft- bitte, habt Spass!

Nein, was ich empfehle ist, Konflikte nicht als Bedrohung, sondern als Tanz zu begreifen. Ein Tanz, der beide Herzen erfreut, und dessen Lebendigkeit übersprudelnd ist. Manchmal ist Streit das, was neues Leben bringt- denn er trägt die Botschaft:

"Es ist mir wichtig, wer du bist. Es ist mir wichtig, mit dir klarzukommen. Und ich will von dir verstanden werden. Vor allem aber will ich das leben können, was Jesus mir gegeben hat. Mit dir an meiner Seite."

Seid gesegnet, Männer und Frauen.

Seid gesegnet, Ehepaare.

Sibylle/Zionstochter.


Quellen: Die Bibel in indirektem Zitat

Foto: Pixabay Foto: Kalhh, thanx

Song: Steven Curtis Chapman "I will be here"

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