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  • sibyllezion

Von Rollenerfüllung in Beziehung- der Mut, ins Unsichtbare zu vertrauen





"Er aber sprach zu ihnen: Wegen eures Kleinglaubens. Denn wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so könnt ihr sagen zu diesem Berge: Heb dich dorthin!, so wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich sein." (Mt 17, 20-21)
Darum, nachdem auch ich gehört habe von dem Glauben bei euch an den Herrn Jesus und von eurer Liebe zu allen Heiligen, 16 höre ich nicht auf, zu danken für euch, und gedenke euer in meinem Gebet, 17 dass der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, euch gebe den Geist der Weisheit und der Offenbarung, ihn zu erkennen. 18 Und er gebe euch erleuchtete Augen des Herzens, damit ihr erkennt, zu welcher Hoffnung ihr von ihm berufen seid, wie reich die Herrlichkeit seines Erbes für die Heiligen ist 19 und wie überschwänglich groß seine Kraft an uns ist, die wir glauben durch die Wirkung seiner mächtigen Stärke. (Epheser 1,15 ff)
Dann werdet ihr euch freuen, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen, 7 auf dass euer Glaube bewährt und viel kostbarer befunden werde als vergängliches Gold, das durchs Feuer geläutert wird, zu Lob, Preis und Ehre, wenn offenbart wird Jesus Christus. 8 Ihn habt ihr nicht gesehen und habt ihn doch lieb; und nun glaubt ihr an ihn, obwohl ihr ihn nicht seht; ihr werdet euch aber freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude, 9 wenn ihr das Ziel eures Glaubens erlangt, nämlich der Seelen Seligkeit. (1.Petrus 1,6 ff)


Meine lieben Freunde,


Vor vielen Jahren war ich in Irland.


Es war mein Traum.


Ich wollte immer nach Irland, wollte diese wahnsinnig grünen Wiesen sehen, diese ganz eigene Zeitlosigkeit einatmen, die über dieser kleinen, unscheinbaren Insel liegt.


Und nun- war ich da.


Wir waren in einem kleinen Independent-Hostel, das anbot, dass wir für Übernachtung und Frühstück arbeiten konnten, statt zu zahlen- in einer kleinen Seitenstraße, der O'Connell-Street in Dublin.


Der Besitzer schaute zufrieden auf das Fensterputzen, das mir aufgetragen worden war und sagte: "Hey, mach mal eine Pause. Rede mit den Leuten hier in der Selbstverpflegungsküche. Willst du einen Tee?" Und mit einem Schmunzeln sagte er:

"Ich hab euch Deutsche gern. Ihr seid immer verlässlich. Immer diszipliniert. Wenn man euch einen Auftrag gebt, dann seid ihr gewissenhaft. Aber vergiss die Freude nicht."


"Aber vergiss die Freude nicht."


Ich glaube, dass viele Menschen in verschiedensten Ländern die Deutschen genau so sehen.


Diszipliniert bis zur Mürrischkeit. Arbeitsam. Gehorsam. Verlässlich. Man nennt das die deutschen, die preußischen Tugenden, die uns von klein auf eingebläut werden. Sauberkeit, Ordnung, Fleiß, Pünktlichkeit. Es ist sehr schwer für uns, den Tee anzunehmen, bevor das Fenster geputzt ist. Und noch schwerer fällt es uns, wenn uns jemand etwas schenkt: "Das kann ich nicht annehmen. Das wäre doch nicht nötig gewesen." Und im Hinterkopf rotiert es, wir überlegen schon, wie wir die Gabe, die wir bekommen haben, bestmöglich zurückgeben können.


Joberfüllung. Ansprüchen gerecht werden. Diszipliniert sein. Unsere Rolle bestmöglich ausfüllen, und Resultate.

Wir sind so sehr in dieser Rolle, in dieser unserer kulturellen Identität gefangen, dass wir tatsächlich ein Volk sind, das Freude vergisst- oder wenn, wie Verhungernde nach diesen kleinen Bröckchen Freizeit und Freiheit schnappen- irgendwo zwischen "ich muss noch" und "das gönne ich mir jetzt einfach"- mit einem reichlich schlechten Gewissen.


Vor ein paar Jahren war ich im Harz.


Ich wanderte mit meiner längsten, liebsten Freundin durch Wälder, auf Burgen, und abends im Hotel redeten wir, denn die Versöhnung, die Jesus schenkte, kam nach 16 Jahren totaler Funkstille.


Sie kann mit meinem Christ-Sein nichts anfangen, aber mit mir- eine unüberwindliche Kombination für sie. Sie kämpft damit, wie man nun einmal kämpft, wenn man die Person vor sich vertrauenswürdig findet, aber Jesus nicht anerkennen will, der Lebensinhalt und Quelle für die beste Freundin geworden ist.


Und so platzte sie heraus: "Die Bibel ist ein Märchenbuch, Bille! Du hast dich also dem Gott der Liebe verschrieben, ja, das verstehe ich, eine gute Wahl. Aber wofür brauchst du da Jesus?" Sie ist getauft, bekenntnisgetauft, und ich weiß nicht, was zwischen Jesus und sie getreten ist. Intoleranz anderer Christen? Leistungserfüllung? Härte? Unvereinbarkeit mit ihren eigenen, zutiefst aufrichtigen, ethischen Werten? Ich vermute es, und es macht mich unendlich traurig.


"Aber vergiss die Freude nicht!"


Der Punkt ist, sie hat gar nicht so Unrecht.


Wenn wir wirklich in die Beziehung mit Jesus kommen wollen, dann finden wir den Eingang nicht in den gedruckten Worten der Bibel, sondern- wie bei einem Märchen- zwischen den Zeilen. Was es braucht, ist der Glaube.

C.S.Lewis hat dafür in den Chroniken Narnias das Bild des Wandschrankes gewählt. Der Wandschrank, der sich einem verschlossenen, nüchternen Herzen nicht öffnet.


Wenn wir die Bibel lesen, müssen wir in der Lage sein, zu glauben, zu staunen und offen zu sein. Wir müssen daran glauben, so absurd es scheint, dass in diesem Buch ein Spiegel der Realität, des Lebens selbst enthalten ist. Wir müssen davon ausgehen, dass dieses Buch lebendig wird in unseren Händen. Und wir müssen davon ausgehen, dass die Bedeutung, die Moral, wie in einem Märchen, wie in einem Epos, wie in einem Roman hinter den Worten, zwischen den Zeilen liegt.


Und so ist es auch mit unserer Beziehung mit Jesus.

Wie leicht fällt es uns, an seine Realität zu glauben? Ist es nicht ein wenig wie mit dem Jungen, der sich für einen Cowboy hält, weil er ein Kostüm anhat? Ist es nicht ein wenig wie die Ahnung der Ewigkeit, die uns überfällt, wenn wir von den Cliffs of Moher aufs Meer starren?


Ja, es ist nicht real, wirklich. greifbar. Es ist nichts, das wir in Rollenerfüllung packen können, und das Unsichtbare, das Unberechenbare, es macht uns Angst, weil es sich nicht kontrollieren lässt.


Es mag uns noch leicht fallen, die Regeln und Gesetze zu verstehen. Es mag uns noch leicht fallen, nüchtern zu analysieren. Etwas zu akzeptieren, ohne es als wirklich anzunehmen. "Gut, dann fließen jetzt Ströme lebendigen Wassers von mir aus. Sagt Jesus ja, dann ist das so." Aber wahrnehmbar, wahrnehmbar wird es nicht.


Es ist leichter, die Geistesgaben als ein Erklärungsmodell zu sehen für persönliche Stärken, nicht als unsichtbares Weben und Wirken, als etwas, das tatsächlich da ist. Es ist einfacher, all das, was wir nicht verstehen, auf die Apostel zurück zu werfen.


Aber...die Sehnsucht bleibt.


Wir alle hatten einmal dieses Wissen, dass irgendwo eine unsichtbare Schranke uns trennt vom Wundern und Staunen, davon, alles für möglich zu halten. Wir waren Kinder, die sich in anderen Realitäten verlieren konnten, die die Wunder und das Ergriffensein noch nicht von sich geschoben hatten, die unsichtbare Freunde und eine andere Welt hinter der Welt noch für möglich hielten.

Und es ist ein schmerzhaftes Sehnen, ein Rufen, dass in unsrem Inneren widerhallt- der uns sagt, dass da mehr ist, dass die Wahrheit eine andere ist als eine nüchterne Welt aus Maschinen, aus Mathematik und Physik, aus Leistung und Konflikten.


Es ist der Ruf zurück in Gottes Gegenwart.


Wenn wir in eine wirkliche Beziehung treten mit Jesus, müssen wir uns dem Vorwurf stellen, dass wir unser Leben von einem Buch abhängig machen. Ja, von außen sieht das so aus. Wir machen unser Leben abhängig von einem Buch, einem Wandschrank.

Ein Buch,dass wissenschaftlich gesehen noch nicht einmal besonders authentisch ist, das scheinbare Widersprüche hat, das mannigfaltig für Macht und Missbrauch genutzt wurde.


Wenn wir in eine wirkliche Beziehung mit Jesus treten, dann müssen wir uns dem Vorwurf stellen, in etwas zu vertrauen, das wir nicht sehen können. An Jesus zu glauben, ihm wirklich zu vertrauen, es bedeutet ja, sich auf die Luft zu legen und anzunehmen, fliegen zu können. Es bedeutet ja, unserer eigenen Wahrnehmung nicht mehr völlig vertrauen zu können. Wenn Gott nah ist, wenn der Heilige Geist uns führt und das Leben um uns herum leiten, lenken und verändern kann, dann bricht unsere eigene Sicherheit zusammen, und wir tanzen auf dem Hochseil ohne Netz und doppelten Boden.


  • Was, wenn es nicht wahr ist?

  • Was, wenn ich mir das alles nur einbilde?

  • Wie kann ich erwarten, dass ich für Gott nicht weniger, nicht mehr bin als Moses?

  • Wie kann ich erwarten, dass Gott meine Gebete hört?

  • Wie kann ich glauben, dass Gott mit mir, mir persönlich interagieren will?

  • Er, der all das geschaffen hat, mit mir, die ich ein winziges Atom auf einem blauen Planeten mitten in einem unendlichen Kosmos bin?


Ja, es erfordert Mut, sich auf Gott wirklich einzulassen, und das, was in uns am tiefsten verletzt ist, aufzubringen: Vertrauen. Vertrauen, nicht zu fallen. Vertrauen, sich nicht zu täuschen. Vertrauen, nicht verrückt zu sein, wenn wir ihn für keine Idee, sondern für wirklich, real, den unsichtbaren Freund halten.


Aber die Wahrheit ist: Es ist seine Hand, die sich uns entgegenstreckt, und ob wir sie ergreifen oder nicht, das ist unsere Entscheidung. Haben wir den Mut, unsere vermeintlichen Sicherheiten zu verlassen? Haben wir den Mut, ihm zitternd und ängstlich und verstört dennoch so sehr zu vertrauen, dass wir über diese wackelnde Hängebrücke zu ihm laufen?


Ja, es macht Angst. Wir sind sicherer in Disziplin, Rollenerfüllung und in dem, was wir greifen können. Seiner leisen Stimme Raum zu geben, sie nicht als Spinnerei abzutun, das kostet solchen, solchen Mut. Und er fordert uns auf, gegen alle Prinzipien zu gehen, die wir kennen. Zieht uns an sich, greift in unser Leben ein, wirbelt uns herum, verändert uns.


Der Punkt ist: Gottes Realität zu erleben, ist Freude. Es ist Wärme. Es ist Ehrfurcht. Es ist Jubel. Nichts wird jemals wieder so sein wie es war.


Und die Angst wird nie ganz vergehen- die Angst, sich zu täuschen. Die Angst, dass Berge nicht weichen. Die Angst, sich zu irren.

Doch mit jedem Treuebeweis, mit jedem verblüfften Auflachen, mit jedem Schritt auf dem Wasser kommen wir ihm näher. Und unser Herz wird lebendig, strahlend, freudig,

bis wir sagen:


"Wenn du es bist, Herr, dann sag: "Komm!"

Immer wieder.

Und wenn er es ist, wird das "Komm" deines Schöpfers unaufhaltsam in dir widerhallen, und du wirst gehen. Denn nichts anderes wird wichtiger sein.


Glaubst du, dass er deine Gebete hört?

Glaubst du, dass er dir antwortet?

Glaubst du, dass er dich sieht?

Glaubst du, dass er dir nahe sein will?

Glaubst du, dass er dich leiten will wie David, Mose, Jeremiah oder Gideon?


Oder ist er ein ferner Gott?


Das, was in der Bibel steht, ist wahr.

Aber es sind nicht die Gesetze. Es sind nicht die Verhaltensregeln.

Es ist der übernatürliche Friede, die wahre innere Freude. Es ist die Ehrfurcht. Es ist der sprechende Esel und es ist der Fisch mit der Münze im Maul. Es ist die Lebendigkeit und Liebe. Es ist der Geist, der dich lebendig macht.


Und er lässt dich niemals, niemals fallen.

Was für ein Wahnsinn, darauf zu vertrauen. Das geht doch nicht!


Aber vergiss ...die Freude nicht.



Seid gesegnet,

Sibylle/Zionstochter.


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